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Erfolgreich sein heißt Erfolg zu haben. Aber was genau bedeutet Erfolg für Sie? Haben Sie sich schon einmal ernsthaft Gedanken darüber gemacht, wie Sie persönlich Erfolg definieren?

Der Erfolgsgedanke

In der zunehmend materialistisch denkenden Gesellschaft und durch die immer größer werdenden Ansprüche der Arbeitswelt wird Erfolg viel zu oft an vergleichbaren Gütern gemessen. Der Wettbewerb beginnt – Wer kann mehr und wer hat mehr? – Eine Abstufung des Selbst folgt früher oder später durch diesen ständigen Vergleich und den Glauben an eine solch ausschließlich materielle Definition von Erfolg. Denn irgendjemand wird mehr haben oder mehr können. In vielen Köpfen wird Erfolg meist verbunden mit einer bestimmten beruflichen Position, einem hohen Einkommen, dem Abschluss an der besten Universität oder Academy für Weiterbildung und Zusatzqualifikation, dem Engagement in einem Verein oder der Schule, um nur einiges zu nennen. Diese – ich nenne es mal einseitige Definition – bezieht sich dabei ausschließlich auf objektive und damit sichtbare, vor allem berufliche, Erfolge. Ein solches Verständnis von Erfolg verleitet folglich zu starken Leistungsgedanken wie „Ich muss mehr arbeiten, um aufzusteigen“, „Ich muss mehr verdienen“ oder „Ich muss besser sein als alle anderen“. Diese Gedanken sind prinzipiell nicht schlecht, schließlich ist ein gewisser Ansporn sinnvoll, um nicht stehen zu bleiben, um Neues zu wagen, um sich weiter zu bilden und zu entwickeln. Problematisch kann es jedoch dann werden, wenn wir unsere Erfolge ausschließlich an diesen objektiven Faktoren ausmachen. Ist ihn aufgefallen, dass in solchen erfolgsversprechenden Leistungsgedanken des Öfteren das Wort „muss“ vorkommt? Dies impliziert eine Anpassung an fremde Erwartungen, von denen wir glauben, dass diese an uns gestellt werden und wir sie erfüllen sollten oder eben „müssen“.

Haben Sie schon mal einen Erfolg erlebt, bei dem die erwartete überschwängliche Freude darüber jedoch aus blieb? Spätestens hier kommen Sie an den Punkt, an dem Sie Ihren Erfolg für sich ganz persönlich definieren sollten!

Definition von Erfolg

Erfolg wird definiert als das Erreichen von Zielen. Diese Ziele definieren Sie selbst. Allerdings kann es vorkommen, dass wir unbemerkt Ziele eines anderen übernehmen und diese für unsere eigenen halten. In der PSI-Theorie (Persönlichkeits-System-Interaktion Theorie; Kuhl, 2005) spricht man dann auch von der Entfremdung des Selbst. In diesem Fall verfolgen wir Ziele, die gar nicht gut zu unserem Selbst, also zu unseren Bedürfnissen und Werten, passen. Dies kann auftreten, wenn wir uns unserer eigenen Bedürfnisse nicht bewusst sind – wenn wir nicht wissen, was Erfolg für uns beinhaltet zum Beispiel. Somit streben wir nach Erfolgen, die andere Personen oder die Medien für uns definiert haben. Dies erklärt das Ausbleiben der erwarteten Glücksgefühle oder das Gefühl nie erfolgreich genug zu sein. Nicht selten formulieren wir in solchen Fällen unsere Ziele mit „ich muss …“.

Von „ich muss“ zu „ich will“

Um Ihre persönlichen Ziele und damit Ihren persönlichen Erfolg zu definieren, sollten Sie sich fragen was Sie wollen (nicht was Sie müssen). Einfach gesagt: Was macht Sie glücklich? Stellen Sie sich diese Frage, machen Sie sich Ihre Bedürfnisse bewusst. Diese geraten uns in der Eile des Alltages oft aus den Augen. Zu oft wissen wir nicht recht was wir eigentlich wollen. Dass Sie etwas nicht aus ihrem inneren heraus wollten, erkennen Sie meist an dem Ausbleiben der erwarteten Gefühle wie Zufriedenheit, Freude oder Glück.

Weitere Aspekte des Erfolges

Neben den objektiven Kriterien, mit denen man Erfolg definieren kann, gibt es noch weitere, subjektive Kriterien des Erfolges. Dazu zählen, wie B. Groysberg, Professor für Business Administration an der Harvard Business School, und R. Abrahams  herausfanden,  unter anderem das Aufgehen in der eigenen Arbeit, die Befriedigung bei der Meisterung einer schwierigen Aufgabe, die Freude an der Zusammenarbeit mit geschätzten Kollegen/innen, den Stolz einen Beitrag für die Organisation zu leisten. Diese Beispiele beziehen sich auf Erfolg im beruflichen Kontext. Eine glückliche Beziehung, ausgeglichene Kinder, die Freude bei der Fertigstellung eines Bildes oder der Renovierungsarbeiten hingegen können subjektiv empfundene Erfolge im privaten Kontext sein. Im Vergleich zu den objektiv erlebten Erfolgen spielt bei den subjektiv erlebten Erfolgen die Anerkennung von anderen nicht so eine große Rolle. Subjektiv erlebter Erfolg ist zum großen Teil von den eigenen Motiven, man könnte auch sagen Bedürfnissen, abhängig.

Der eigene Erfolg

„Erfolg“ kann jeder Mensch für sich selbst definieren und ich finde das sollte jeder unbedingt tun. Es geht nicht darum, was andere unter Erfolg verstehen. Ich vertrete die Meinung, dass „erfolgreich macht, was glücklich macht“. Was macht Sie also glücklich? Was zeichnet für Sie Erfolg aus? Was sind Ihre Ziele? Bei der Beantwortung dieser Fragen appelliere ich dafür, nicht nur die objektiven Faktoren zu nennen, sondern sich auch einmal Gedanken über die subjektiven Faktoren zu machen.

In meiner Praxiserfahrung in einer Klinik für Psychotherapie begegnete ich Menschen, die etwas taten von dem sie dachten, es würde sie in den Augen einer anderen Person erfolgreicher machen. Sie strebten nach Erfolg, jedoch nicht nach ihrem Erfolg. Sie übergangen ihre eigenen Wünsche, Ziele, Bedürfnisse und Motive und waren todunglücklich (um es milde zu formulieren). Daher wünsche ich mir, dass Sie bewusst auf Ihre Motive sowie Bedürfnisse achten und nach Ihren persönlich definierten Erfolgen und eigenen Zielen streben.

„Nur im eigenen Lebensrhythmus kann ein Mensch erfolgreich werden und Erfüllung finden.“ Christian Bischoff


Quellen:

  • Groysberg, B. & Abrahams, R. (2014). Was bedeutet Erfolg für sie? Harvard Business Manager. Abgerufen von: http://www.harvardbusinessmanager.de/blogs/wie-messen-sie-beruflichen-und-privaten-erfolg-a-958053.html [03.05.2017].
  • Kuhl, J. (2005). PSI-Light – Eine neue Persönlichkeitstheorie. Digitales Manuskript. Verfügbar unter: http://www.psi-theorie.com/ [03.05.2017].
  • Mörth, M. & Söller, I. (2005). Handbuch für die Berufs- und Laufbahnberatung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
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