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Im Rahmen der Veröffentlichung des Buches "HR-Storytelling" hat Jannis Sträßer Jan Finke über das Thema Beziehungspflege und Mitarbeitendengewinnung im Krankenhaus mithilfe von Storytelling gesprochen. Lesen Sie selbst, warum emotionale Bindung dabei eine ganz große Rolle spielt.

 

Herr Finke, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben. Können Sie sich kurz vorstellen?

Gern! Ich bin in Jena geboren, habe dort Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Personalmanagement und Wirtschaftsrecht studiert. Nach dem Studium war ich fast zehn Jahre am Universitätsklinikum Jena tätig, bevor ich 2013 als Personalleiter und Prokurist ans Sankt Georg Klinikum in Eisenach wechselte. Zwischendurch war ich mehrere Jahre auch für die Diako Thüringen gGmbH tätig, einem großen Träger sozialer Einrichtungen mit rund 2.800 Mitarbeitenden.

 

Sie haben gemeinsam mit Philipp Hofmann einen Beitrag zum Thema „Mitarbeitendengewinnung und Beziehungspflege mit Storytelling im Krankenhaus“ verfasst. Wie kam es zu Ihrem ersten Kontakt mit Storytelling?

Das Thema kam über Michael Lorenz auf mich zu, der mich fragte, ob ich einen Beitrag leisten möchte. Anfangs war ich skeptisch, ob ich dazu etwas beisteuern kann. Doch als wir reflektiert haben, wie wir Mitarbeitende gewinnen und binden, wurde mir klar: Wir nutzen längst Storytelling – oft unbewusst. Vor allem im Krankenhaus, einer traditionell hierarchischen Organisation, setzen wir gezielt auf Geschichten, um emotionale Bindungen zu schaffen. Geschichten sind einprägsam, sprechen verschiedene Sinne an und bleiben besser im Gedächtnis als trockene Fakten.

 

Ein Beispiel aus Ihrem Artikel ist die Vertragsunterschrift von Auszubildenden. Wie setzen Sie dort Storytelling ein?

Wir hatten das Problem, dass Auszubildende zwar Verträge unterschrieben, aber den Ausbildungsstart dann doch nicht antraten. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch betriebswirtschaftlich relevant. Früher haben wir die Verträge einfach per Post verschickt. Heute laden wir die zukünftigen Auszubildenden und ihre Eltern für eine Vertragsunterschriftsfeier ins Klinikum ein – in unsere moderne Pflegeschule, die gleichzeitig 100 Jahre Tradition verkörpert.
Dort gehen wir den Vertrag gemeinsam durch, erzählen Geschichten über das Klinikum, die Ausbildung und das Miteinander. Die Leiterin der Krankenpflegeschule, die zukünftige Klassenlehrerin, die für die Ausbildung zuständige Kollegin der Personalabteilung und ich - wir alle sind vor Ort.
Nach der Vertragsunterschrift stoßen wir gemeinsam an, es gibt ein kleines Buffet und Eltern und Azubis können mit den AnsprechpartnerInnen in Kontakt treten und Fragen stellen. Das schafft eine emotionale Bindung, die weit über die Unterschrift hinausgeht.

 

Wo liegen die Grenzen des Storytellings in Ihrem Arbeitskontext?

Storytelling lebt von Authentizität. Geschichten müssen wahr oder zumindest glaubwürdig sein. Wenn wir etwas erzählen, das nicht zur Realität passt, wirkt das schnell wie leeres Marketing.
Ein Beispiel ist unsere betriebliche Altersvorsorge – wir haben hier ein außergewöhnlich gutes Modell, das wir als echten Vorteil für unsere Mitarbeitenden sehen und deshalb in unserer Mitarbeiterzeitung thematisieren. Das stellt uns vor eine kommunikative Herausforderung: Einerseits wollen wir diesen Vorteil attraktiv darstellen, andererseits dürfen wir nicht zu stark ins „Verkaufen“ abrutschen. Wie lösen wir das? Wir verzichten bewusst darauf, mit „Hochglanz-Storys“ oder realen Mitarbeitenden zu werben. Aber anstatt trockener Fakten setzen wir auf fiktive Geschichten, die realitätsnah sind. Wir zeigen, was diese Absicherung konkret für unterschiedliche Lebenssituationen bedeutet.
Trotzdem gibt es hier klare Grenzen: Wir müssen transparent bleiben, dürfen keine falschen Erwartungen wecken und die finanziellen Details nicht beschönigen. Außerdem betonen wir immer, dass die dargestellten Szenarien auf bestimmten Annahmen basieren und keine rechtliche Verbindlichkeit haben.

 

Bekommen Sie direktes Feedback zu solchen Maßnahmen?

Direktes Feedback zur Altersvorsorge? Eher selten. Das Thema ist für viele ein „Nice-to-have“, aber kein entscheidendes Argument im Arbeitsalltag. Anders ist es bei emotionaleren Themen, wie unserem Comeback-Management. Hier schreiben wir gezielt ehemalige Mitarbeitende an. Viele von ihnen erzählen uns: „Erst nachdem ich woanders gearbeitet habe, wurde mir bewusst, wie wertvoll die Zeit und das Arbeitsumfeld im Sankt Georg Klinikum war.“ Das bestätigt uns, wie stark emotionale Geschichten wirken können. Es ist legitim, dass Mitarbeitende Neues ausprobieren. Aber der Schritt zurück fällt oft schwer – durch unsere gezielte Ansprache machen wir diesen Schritt leichter.

 

Würden Sie den Satz unterschreiben, dass emotionale Bindung die größte Stärke von Storytelling ist?

Absolut. Emotionale Bindung sorgt für eine bewusste oder unbewusste Verbundenheit. Durch Geschichten wird aus einem abstrakten Arbeitgeber ein Teil der eigenen Geschichte. Das ist ein unschätzbarer Vorteil – sowohl für die Mitarbeitendengewinnung als auch für die langfristige Beziehungspflege.

 

Welche Projekte planen Sie zukünftig mit Storytelling?

Wir wollen unsere Kommunikation weiterentwickeln, z.B. durch einen internen Newsletter, in dem wir regelmäßig Geschichten erzählen. Ein weiteres Ziel ist der Aufbau eines Netzwerks mit Medizinstudierenden. Viele absolvieren bei uns Praktika, Famulaturen oder ihr PJ (Praktisches Jahr), aber wir verlieren sie danach oft aus den Augen. Wir möchten den Kontakt halten, Veranstaltungen organisieren – und vor allem Geschichten erzählen, die eine emotionale Verbindung zu Eisenach schaffen.

 

Herr Finke, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei Ihren Projekten!

Vielen Dank, es hat mir Freude gemacht!

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