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Motivation im Führungsalltag
August 4, 2015

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Apolitisch, Null-Bock-Generation, verwöhnt, anspruchsvoll, kein Respekt!

Bereits Mitte der 1990er tauchen die ersten, wenig schmeichelhaften Beschreibungen der sog. „Y-Generation“ auf. Sie bezeichnet die Generation, die in den 1980er geboren wurde, in den Neunzigern aufwuchs und heute die „junge“ Belegschaft in Unternehmen stellt.

Doch egal wie anstrengend und unbeliebt diese Gen Y auch sein mag, der demografische Wandel und dessen Auswirkungen führen zum Unvermeidlichen: Unternehmen sind auf sie angewiesen. Und so wurde der Ton in den vergangenen Jahren wärmer:

optimistisch, pragmatisch, experimentierfreudig, ambitioniert, hochinformiert

Keine Frage, die Y-Generation ist anders – aber wie?

Bei allen nachfolgenden Ausführungen bin ich mir darüber im Klaren, dass lange nicht alle, die in diese Altersgruppe fallen, der Beschreibung der Generation Y entsprechen. Im konkreten Fall bleibt die individuelle Persönlichkeit einer Mitarbeiterin, eines Mitarbeiters der zentrale Orientierungspunkt für Ihr Führungshandeln.

Wenn es darum geht, dass den veränderten Bedürfnissen der Generation Y im Arbeitsleben Rechnung getragen werden soll, gilt dies insbesondere für wichtige Leistungsträger. Erfüllen Mitarbeitende ihre Aufgaben nicht oder nur schlecht oder sind sie nicht qualifiziert, stellen sich andere Fragen.

Was kennzeichnet die Generation Y? Was hat sie geprägt?

Für jede Generation gestaltet sich die Welt anders, Werte wandeln sich. Die markantesten und einflussreichsten Veränderungen für Gen Y sind:

  • gesteigerte Bedeutung des Individuums
  • hoher Stellenwert von Technik und technischer Vernetzung
  • hohe Relevanz von Bildung und lebenslangem Lernen
  • verschwimmende Grenzen zwischen Freizeit und Arbeitszeit

Gesteigerte Bedeutung des Individuums

Die erste Frage für die Y-Generation: „Was bringt MIR das?“. Die eigene Person steht im Zentrum des Interesses. Das Fernziel der Y-ler ist ihre Selbstverwirklichung. Sie sind bereit, viel zu geben, auf viel zu verzichten, um als Belohnung das tun zu können, was sie wirklich möchten.

Ein Grund für den Fokus auf die eigene Person und Bedürfnisse liegt in der Erziehung dieser Generation. Keine Generation vor ihr wurde von den eigenen Eltern so ins „Rampenlicht“ gestellt. Sie sind immer und überall Kunde gewesen und wie der König behandelt worden. Das Verständnis von Geschäftsbeziehungen ist deshalb transaktional: „Was bekomme ich für meine Arbeit? Was bist du bereit, für mich zu tun, wenn ich hier arbeite? Was muss ich dir geben, wenn ich XY haben will?

Hoher Stellenwert von Technik und technischer Vernetzung

Ein abgrenzendes Merkmal zu anderen Generationen ist die hohe Affinität zu und der natürliche Umgang mit dem Internet. Ständiger Austausch über soziale Netzwerke, Online-Foren, E-Mails und SMS führen zu einer buchstäblichen Verdrahtung. Die Y-ler sind hochinformiert und vernetzt zu jeder Zeit von überall. Sie extrahieren Informationen aus unterschiedlichsten Quellen und das rasend schnell.

Daraus resultiert eine hohe Erwartungshaltung an die technische Ausstattung von Arbeitsplätzen: zu jeder Zeit Informationszugang, Vernetzung mit anderen Personen und Standortunabhängigkeit ihrer Arbeit.

Hohe Relevanz von Bildung und lebenslangem Lernen

Die persönliche Weiterbildung wird immer wichtiger, weil nicht nur die Nachfrage nach Flexibilität steigt, sondern auch das Ausmaß an Unsicherheit. Die Generation Y ist aufgewachsen in einer schnelllebigen, sich rasch verändernden Zeit. Lebenslange Beschäftigung in einem Unternehmen ist für sie unwahrscheinlich. Für die Generation Y jedoch kein Grund zur Sorge. Sie begegnen der Unsicherheit mit einer Maximierung ihrer Flexibilität. Sie steigern sie mit der Breite ihres Wissensspektrums. Im Falle einer „Trennung“, lässt sich ihr „Wissens-Kapital“ frei bewegen und in anderen Unternehmen einsetzen.

Verschwimmende Grenzen zwischen Freizeit und Arbeitszeit

Arbeit ist für die Generation Y kein Ort mehr, an dem man von 09:00 bis 17:00 Uhr seine Zeit verbringt. Arbeit ist das, was sie tun, um sich selbst zu verwirklichen und bei dem sie Freude empfinden wollen. Sie verstehen sie als flexibles, ergebnisgebundenes Konstrukt.

Attraktiv wird der Arbeitgeber vor allem, wenn er den Y-lern die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung bietet, die Arbeit Spaß macht und eine positive Stimmung im Unternehmen herrscht. Die Generation Y ist nicht arbeitsscheu, aber sie erwartet für ihre Arbeit Gegenleistungen. Sie verlangt zwar mehr als jede Generation vor ihr, aber sie ist auch bereit, mehr zu geben als jede Generation vor ihr.

Welche Mythen ranken sich um diese Generation?

Die Y-Generation polarisiert. Führungskräfte auf der ganzen Welt kommen mit ihnen in Berührung. Grund genug, dieser Generation und ihren Bedürfnissen auch wissenschaftliche Aufmerksamkeit zu schenken. Tulgan (2009) hat in seiner langjährigen Forschung die Y-Generation befragt und beobachtet. Er widerlegt einige der gängigsten Mythen über die Generation Y:

Mythos 1: Sie sind illoyal und wollen keine Verpflichtungen eingehen

Sie können sehr loyal sein, aber sie zeigen keine blinde Loyalität. Ihr Verständnis des Arbeitskontraktes ist transaktional, d.h. sie bieten die Art von Loyalität, die Sie auf jedem freien Markt finden. Die Loyalität und Verpflichtungen, die Y-ler eingehen, sind verhandelbar: Was gibst du mir? Was muss ich dir dafür geben?

Mythos 2: Sie arbeiten nur, wenn es ihnen Spaß macht

Die Y-ler wollen nicht von Ihnen bespaßt werden! Im Gegenteil: Es ist ihnen wichtig, dass Sie sie ernst nehmen. Sie wollen sich engagieren, Möglichkeiten zum Lernen und Herausforderungen haben. Sie wollen mit guten Leuten zusammenarbeiten und sie fordern Flexibilität dahingehend wo, wann und wie sie arbeiten. Das macht den Spaß an der Arbeit für sie aus.

Mythos 3: Geld ist das Einzige, was sie interessiert

Geld muss für die Y-Generation einen „Schwellenwert“ erreichen. Bieten Sie dem Y-ler ein Gehalt über seinem Schwellenwert, ist er an fünf weiteren Aspekten interessiert: Flexibilität der Arbeitszeit, Beziehungen/Netzwerke, Wahl der Aufgaben, Weiterbildungsmöglichkeiten und Standort.

Mythos 4: Sie haben keinen Respekt vor Vorgesetzten

Titel verlieren in Zeiten von Herrn zu Guttenberg ihre Bedeutung. Das heißt jedoch nicht, dass die Generation Y keinen Respekt hat. Sie respektiert starke Führungskräfte, die innovative Methoden nutzen und eine größtmögliche Balance zwischen Flexibilität einerseits und einem nötigen Ausmaß an Kontrolle andererseits herstellen können.

Mythos 5: Es ist unmöglich, sie langfristig an Unternehmen zu binden

Es ist möglich! Aber sprechen Sie nicht in Jahresplänen. Ihre Y-ler interessiert, was sie morgen, in der nächsten Woche und im nächsten Monat erwartet. Eine Bindung ist nicht durch eine langfristige Planung erreichbar, sie wird Tag für Tag neu „verhandelt“. Solange die Bedürfnisse der Y-Generation erfüllt werden, ist eine langfristige Bindung an das Unternehmen durchaus möglich.

Wie können Sie Ihre Y-Mitarbeitenden erfolgreich führen?

Erfolgreiche Führung ist und bleibt individuell, d.h. sie ist angepasst an die Wertvorstellungen, Lebenssituationen und Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter. Dennoch gibt es übergreifende Herausforderungen in der Führung der Y-Generation:

Herausforderung 1: Die richtigen Rahmenbedingungen schaffen

Die Y-Generation ist bereit, sich anzustrengen und viel zu arbeiten, aber nur, wenn die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit für sie passend sind.

  • Schaffen Sie leistungsorientierte Vergütungssysteme für Y-ler. Sie wollen wissen, dass die Höhe ihres Gehalts durch sie selbst bestimmt wird.
  • Ermöglichen Sie Flexibilität bezüglich Arbeitszeiten und -orten. Es ist Ihren Y-lern wichtig, dass sie an Zielerreichung und Deadlines gemessen werden, nicht daran, wo und wann sie arbeiten.
  • Bieten Sie Ihren Y-lern Weiterbildungsmöglichkeiten.
  • Zeigen Sie ihnen klare Grenzen auf, aber lassen Sie ihnen innerhalb dieser Grenzen kreativen Freiraum. Dies gibt ihnen ein Gefühl von Freiheit.
  • Geben Sie ihnen volle Verantwortung für irgendeinen Bereich. Welcher das ist, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass der Y-ler sich in diesem Bereich eigenverantwortlich „ausprobieren“ kann.

Herausforderung 2: Eine gute Beziehung aufbauen

Y-ler brauchen Sie als Führungskraft und Tutor. Sie schauen zu Ihnen auf und wollen von Ihnen lernen. Für sie ist es wichtig, dass Sie sie als Person kennen, schätzen und ihre Karriere vorantreiben möchten.

  • Zeigen Sie ihnen, dass Sie sie ernst nehmen. Wissen Sie, wer sie sind, woran sie arbeiten und welche Hilfestellung sie ggf. benötigen? Investieren Sie ausreichend Zeit in Gespräche mit Ihren Y-lern, um in ihnen das Gefühl zu erzeugen, dass Sie als Ansprechpartner verfügbar sind.
  • Geben Sie ihnen Strukturen vor und zeigen Sie Grenzen. Die Y-Generation ist so eifrig, dass sie sich ohne klare Strukturen schnell „verrennt“.
  • Verteilen Sie, bildlich gesprochen, „goldene Sternchen“. Es ist wichtig, dass Ihre Y-ler spüren, dass Sie ihre Leistungen wahrnehmen und sie loben.
  • Verhandeln Sie mit ihnen. Die Y-Generation geht mit einer transaktionalen Logik an die Arbeit. Bezahlen Sie sie daher nicht, sondern „kaufen“ Sie ihre Ergebnisse. Schaffen Sie eine transparente Verbindung zwischen der Leistung der Y-ler und dem, was Sie bereit sind, ihnen dafür zu geben.

Herausforderung 3: Selbstmanagement vermitteln

Die Y-Generation kommt mit einem übermächtigen Fundus an Wissen aber wenig Erfahrung in Unternehmen. Darum vernachlässigen sie häufig grundlegende Dinge, die erfahrene Führungskräfte für selbstverständlich halten.

  • Helfen Sie ihnen, Prioritäten zu setzen. Geben Sie klare, transparente Instruktionen, was in welcher Zeit zu bearbeiten ist. Stellen Sie sicher, dass Sie die Entscheidungskompetenz Ihrer Y-ler einschränken, damit diese sich nicht selbst überfordern.
  • Bringen Sie ihnen bei, Pläne zu machen. Die simultane Verarbeitung von Information und das kontinuierliche Multi-Tasking sind Teil des Lebens für ihre Y-ler. Um ihre Aufgaben zu strukturieren, brauchen sie aber detaillierte Pläne, die ausgehend vom Zielzustand festgelegt werden.
  • Erläutern Sie ihnen die Wertvorstellungen des Unternehmens. Generation Y muss lernen, sich diesen Wertvorstellungen entsprechend zu verhalten.
  • Erinnern Sie sie kontinuierlich daran, sich selbst zu hinterfragen und zu evaluieren, besonders ihre Produktivität, Arbeitsqualität und ihr Verhalten.

Herausforderung 4: Die Stars der Y-Generation an das Unternehmen binden

In dem Moment in dem Y-ler merken, dass ihre Führungskraft nicht mit ihnen daran arbeitet, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und ihre Ziele zu erreichen, sind sie bereits mit einem Fuß aus der Tür. Lassen Sie es nicht soweit kommen.

  • Finden Sie heraus was Sie tun können, um sie zu halten. Fragen Sie nicht: „Bist du zufrieden?“. Fragen Sie: „Was kann ich tun, um dich zu halten?“. Fragen Sie, bevor Ihre Y-ler daran denken zu gehen.
  • Tun Sie alles, um sie zu halten. Wenn Sie Ihre Top-Performer nicht als Vollzeit-vor-Ort-ununterbrochenen-exklusiven-Mitarbeiter halten können, halten Sie so viel von ihnen wie Sie können. Bevor Sie sie ganz verlieren, offerieren Sie die Möglichkeit eines unbezahlten Sabbatjahres, Arbeit in Teilzeit, flexible Arbeitszeiten, Home-Office usw.
  • Für die „Besten“ nur das Beste. Über Ihre besten Y-ler würde sich auch Ihre Konkurrenz freuen. Sie sind sich dieser Sonderstellung bewusst. Geben Sie Ihnen daher Sonderkonditionen, um sie zu halten. Bieten Sie Ihren Besten mehr Gehalt, Freiräume bezüglich Arbeitszeit und -ort, herausfordernde Aufgaben, Weiterbildungsmöglichkeiten und Beziehungen als Ihren Guten.

Die Generation Y ist anders. Sie ist anspruchsvoll, fordernd, vielleicht deshalb unbequem. Aber sie ist bereit, sich ins Zeug zu legen und alles zu geben, wenn Sie ihr entgegen kommen und ihre Bedürfnisse befriedigen. Das ist Ihre Hauptaufgabe als Führungskraft der Generation Y.

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