Brigitte Waffenschmidt ist unter anderem Professorin und wissenschaftliche Standortleiterin des virtuellen Campus der Internationalen Berufsakademie und berät in Ihrer Selbständigkeit Unternehmen in den Bereichen HR, Demografie und Digitalisierung. Zudem engagiert Sie sich ehrenamtlich als Vorständin des Vereins „erfolgsfaktor FRAU e.V.“ und ist Auditorin bei der „berufundfamilie Service GmbH.“
Wie lässt sich dein beruflicher Alltag mit drei Worten beschreiben?
Vielfältig – dynamisch – inspirierend.
In dem Buch „HR-Storytelling“ hast du mit Silke Güttler den Artikel „Storytelling in der vielfaltsbewussten Personalpolitik“ verfasst. Was bedeutet für Dich Vielfalt, insbesondere im HR-Bereich?
Vielfalt heißt für mich, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der die Unterschiedlichkeit aller Mitarbeitenden nicht nur respektvoll, sondern auch wertschätzend gefördert wird. Vielfalt ist eine große Bereicherung – gerade auch in einer solchen, aktuell nicht einfachen, politischen Situation. Dabei geht es um mehr als Alter oder Geschlecht. Kulturelle Hintergründe und individuelle Stärken bringen Unternehmen einen Mehrwert. Studien haben belegt, dass diverse Teams oft zu mehr Produktivität und auch mehr Freude an der Arbeit führen.
Und Vielfalt sind natürlich auch die vielfältigen Arbeitsprozesse, die Strukturen, die Zusammensetzung von Teams …
Wo liegen die größten Herausforderungen für Unternehmen in Bezug auf Vielfalt?
In vielen Organisationen oder Unternehmen ist Vielfalt noch nicht in allen Bereichen akzeptiert. Es gibt zum Beispiel immer noch den Gender Gap – zu dessen Forschung übrigens die Harvard Professorin Claudia Goldin 2023 mit dem Wirtschafts-Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
Unternehmen brauchen Rahmenbedingungen, die Akzeptanz und Förderung ermöglichen. Ein Commitment zur Vielfalt auf dem Papier reicht nicht. Es bedarf der Veränderung der Rahmenbedingungen und letztendlich auch eine Verhaltensänderung in den Köpfen, ein Mindset-Change.
Storytelling ist auch in der Personalarbeit ein geeignetes Tool. Welche persönliche Erfahrung hast Du damit gemacht?
Authentische Geschichten sind unglaublich kraftvoll. Ein Beispiel: In einem Beratungsprojekt hat ein Mitarbeitender, der aus Indien kam, den Raum bekommen von seinen Erfolgen und Herausforderungen in diesem Beratungsprojekt zu erzählen. Und seine erzählte Geschichte war ein Schlüsselerlebnis für die meisten. Denn sein Bewertungsraster und seine Einstellungen waren eben nicht immer die, die andere im Kopf hatten. Es vollzog sich ein kleiner Change – ein Mindset-Change, der die Unternehmenskultur veränderte. Ausgehend von dieser erzählten Geschichte kam ein Stein ins Rollen, der die Akzeptanz für andere Kulturen, für andere Sichtweisen und den Mehrwert davon in den Fokus rückte.
Wie sieht deine Vision einer vielfaltsbewussten Organisation aus?
Eine vielfaltsbewusste Organisation investiert aktiv in die Förderung ihrer Mitarbeitenden und versteht Vielfalt als Bereicherung. Dieses aktive Investieren in den Menschen ist meine Wunschvorstellung. Das bedeutet, dass die Mitarbeitenden ganz bewusst in ihrer Vielseitigkeit gefördert werden – mag es das Alter, Geschlecht oder Kultur sein. Vorurteile werden abgebaut und stattdessen profitieren Organisationen von ihrer Vielfalt.
In dem Artikel geht es auch um verschiedene Formate und Tools. Was ist dabei zu beachten?
Storytelling ist eine Chance, um mithilfe der großen Menge an Kommunikationskanälen Stories noch besser verbreiten zu können und mehr Sichtbarkeit zu erzielen. Aber es gibt natürlich auch Herausforderungen – es gibt ja immer zwei Seiten einer Medaille: Viele Kommunikationskanäle können ganz bewusst instrumentalisiert werden. Deshalb ist die Gestaltung, also die Umsetzung entscheidend. Storytelling im Kontext der vielfaltsbewussten Personalpolitik muss dringend geplant, gut überlegt und strukturiert werden.
Vielen Dank für die spannenden Einblicke!
Gerne.
Der ganze Artikel „Storytelling in der vielfaltsbewussten Personalpolitik“ von Brigitte Waffenschmidt und Silke Güttler kann in dem Buch „HR-Storytelling“ gelesen werden.