Im Rahmen der Veröffentlichung des Buches "HR-Storytelling" - herausgegeben von Joachim Gutmann und Michael Lorenz - wurde Sarah Dovlo, anerkannte Expertin für Employer Branding, Leadership und Kultur, zu ihrem Artikel "Mit Storytelling Werte wirksam im Unternehmen verankern" interviewt.
Liebe Sarah, schön, dass Du dir die Zeit nimmst! Stell dich doch kurz einmal vor.
Gerne! Ich habe sechs Jahre in Deutschland im Bereich Talent gearbeitet – zuerst bei der Deutschen Telekom, dann bei 1&1. Mein Fokus lag auf Employer Branding, Talententwicklung und Kultur. Vor meiner Zeit im HR war ich in der Werbe- und Kommunikationsbranche tätig, habe als Beraterin gearbeitet und mich intensiv mit Text und Digitalmarketing beschäftigt. Durch einen Zufall – mein erster Job im Employer Branding war bei der Schweizerischen Bundesbahn als Social Media Managerin – bin ich dann ins HR gerutscht. Ich habe gemerkt, wie eng Kommunikation und Personalarbeit miteinander verbunden sind.
Hast du ein Beispiel für die Kraft von Storytelling im HR-Bereich?
Ja! Ein Beispiel, das mich besonders gefreut hat, ist der „Story Generator“, den wir bei Deutsche Telekom entwickelt haben. Dieses Tool hilft Mitarbeitenden dabei, ihre persönliche Geschichte und Werte in Bezug auf das Unternehmen auf einfache Art als personalisiertes Video zu kommunizieren. Vor Kurzem teilte eine ehemalige Kollegin – fünf Jahre nach der Einführung des „Story Generators“ – noch einmal ein Video, das sie mit diesem Tool erstellt hatte. Es zeigt, wie nachhaltig Storytelling sein kann, wenn es authentisch ist und die eigenen Werte mit denen des Unternehmens übereinstimmen. Diese Geschichten bleiben bestehen, weil sie emotional berühren und Menschen in ihrem Arbeitsalltag begleiten.
In deinem Artikel in dem Buch „HR-Storytelling“ beschreibst du, dass Führungskräften im Storytelling eine Vorbildrolle zukommt. Welche Rolle spielen denn Mitarbeitende im Storytelling?
Eine entscheidende! Führungskräfte sind wichtige Vorbilder, aber Mitarbeitende sind genauso zentrale Botschafter. Ihre Erlebnisse im Unternehmen und dazugehörige Geschichten – ob in Social Media oder im direkten Austausch – prägen das Image und beeinflussen, wie das Unternehmen wahrgenommen wird. Sie erzählen von ihren Erfahrungen, von besonderen Projekten oder Momenten, die sie stolz gemacht haben. Das können Erfolgserlebnisse sein, aber auch Herausforderungen, die gemeistert wurden. All diese Erzählungen strahlen nach innen auf die Unternehmenskultur und das Image nach außen ab – und das sowohl positiv als auch negativ.
Wie können Unternehmen Storytelling gezielt einsetzen?
Es beginnt mit der Analyse:
- Wie werden wir als ArbeitgeberIn von außen wahrgenommen?
- Welche Werte leben wir wirklich?
- Welche Stärken werden intern wahrgenommen, und wie deckt sich das mit dem externen Image
Falls da ein Gap zwischen gewünschten und gelebten Werten oder der Innensicht und dem Image besteht, kann mit Hilfe von Storytelling gezielt Veränderung in der Wahrnehmung aber auch in der Kultur vorangetrieben werden.
Unternehmen müssen verstehen, dass Storytelling nicht nur eine Kommunikationsmaßnahme ist, sondern Teil der Unternehmenskultur sein sollte. Mitarbeitende sollten ermutigt werden, ihre Geschichten zu teilen. Unternehmen können Plattformen und Formate schaffen – interne Foren, Podcasts, Social-Media-Kampagnen etc. - um diese Erzählungen zu fördern. Entscheidend ist dabei, dass die Geschichten authentisch und echt sind und nicht nur „polierte“ Unternehmensbotschaften wiedergeben.
Welche Herausforderungen können beim Storytelling auftreten?
Ein zentrales Thema ist Authentizität: Kommt wirklich das an, was ich vermitteln möchte? Eine weitere Herausforderung ist die Reduktion – eine gute Geschichte muss einfach und einprägsam sein. Unternehmen sollten sich auf wenige, klare Werte konzentrieren, die wirklich gelebt werden. Viele nutzen ähnliche Begriffe wie „Innovation“ oder „Kundenorientierung“, aber die eigentliche Herausforderung liegt darin, sich durch eine authentische Erzählweise wirklich zu differenzieren.
Ein weiterer Punkt ist, dass Storytelling nicht nur eine einmalige Kampagne sein darf. Es muss langfristig in den Arbeitsalltag integriert werden, durch regelmäßige Kommunikation und aktive Beteiligung der Mitarbeitenden.
Du bist viel in Unternehmen unterwegs. Wie weit und wie aufgeschlossen sind sie gegenüber Storytelling? Wie erlebst du das?
Storytelling ist zwar nichts Neues aber ich glaube, gerade in unserer schnelllebigen Zeit, ein wichtiges Instrument um Orientierung zu geben. Dies haben Unternehmen schon länger erkannt.
Analog kann eine Führungskraft ihre Vision sehr wirksam mit Storytelling teilen und erlebbar machen.
Im digitalen Storytelling hat sich viel entwickelt: Als ich 2011/12 angefangen habe waren die Themen: „Wollen wir überhaupt den Mitarbeitern erlauben, auf Social Media zu sein, während der Arbeitszeit?“ Heute klingt das total seltsam. Heute sind viele Unternehmen viel offener gegenüber digitalem Storytelling. Es gibt allerdings auch Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden oder auch Führungskräften Restriktionen geben: „Du darfst das und das nicht teilen oder bitte teile nicht so viel, sei nicht so laut.“ Das ist eine Gratwanderung für Unternehmen. Mitarbeitende haben einerseits ein privates Profil auf Social Media, kommunizieren und wirken jedoch auch als Arbeitgeberbotschafter.
Ich glaube, es braucht eine gewisse Freiheit, die die Unternehmen hier ihren Mitarbeitern und auch Führungskräften geben sollten, damit authentisches Storytelling durch Mitarbeitende möglich ist. Damit sind wir wieder beim Thema Werte.
Wenn die Leitplanken klar sind für Mitarbeiter und Führungskräfte, wenn es klar ist für was das Unternehmen steht und wie ich auch als Führungskraft das für mich persönlich übersetzen kann, dann braucht es weniger Guidelines und Prüfungsschlaufen.
Eine Abschlussfrage noch: Wenn du Unternehmen nur einen Rat weitergeben kannst, um Storytelling in der Wertevermittlung zu implementieren, welcher ist das?
Werte werden definitiv durch die Führungskräfte erlebbar. Entsprechend können Unternehmen ihre Führungskräfte dabei unterstützen, Storytelling wirksam in den Arbeitsalltag zu integrieren - sei es bei Teamzielen, im Mitarbeitergespräch oder durch Nutzung von Storytelling in der Vermittlung der Vision und Strategie.
Wenn Führungskräfte zudem die Werte aktiv vorleben und durch persönliche Geschichten vermitteln, wird das Unternehmen als Ganzes glaubwürdig und nahbar. All das erfordert keine riesigen Budgets, sondern vor allem Aufmerksamkeit und Zeit. Aber langfristig stärkt das nicht nur die Kultur, sondern auch die Attraktivität als Arbeitgeber.
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