»Wenn ein Chefsessel knackt, bevor er angesägt wurde,
war bereits vorher der Wurm drin.«
Rolf Handke
Vorbereitung ist nicht alles, aber ohne Vorbereitung ist alles nichts.
Immer wieder wird von Fällen berichtet, in denen der Sessel des frisch ernannten Geschäftsführers ins Wanken gerät, da sich der Stelleninhaber vor Amtsantritt nicht ausreichend mit seinen neuen Aufgaben und Pflichten auseinandergesetzt hat.
Damit Ihnen nicht ähnlich unangenehme Dinge widerfahren, möchten wir Ihnen zeigen, in welcher Form Sie sich auf Ihre Geschäftsführungsrolle vorbereiten können und was Sie möglichst vor Antritt der Stelle in Erfahrung gebracht haben sollten.
1. Werden Sie sich Ihrer Verantwortung und Pflichten bewusst
Als neuem Geschäftsführer hat man Ihnen ein komplettes Unternehmen mit all seinen Mitarbeitenden, Kunden, Gesellschaftern und Zulieferern anvertraut. Sie tragen nun die Verantwortung für das Wohlergehen Ihrer Mitarbeitenden, die Zufriedenheit Ihrer Kunden, für einen angemessenen Ertrag für Ihre Shareholder, für Fairness und Partnerschaftlichkeit im Umgang mit Ihren Lieferanten sowie auch für materielle und finanzielle Werte, die Ihnen übergeben worden sind.
Ein weiterer wichtiger Aspekt Ihrer Vorbereitung ist die Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Pflichten des Geschäftsführers, den Aufgaben, der Haftbarkeit, Steuerpflicht und Vergütung. Wichtige gesetzliche Grundlagen bilden hier
- das Handelsgesetzbuch (HGB),
- das Aktiengesetz (AktG) oder das
- GmbH-Gesetz (GmbHG),
- der Anstellungsvertrag,
- die Geschäftsordnung.
2. Verschaffen Sie sich einen realistischen Überblick über die wirtschaftliche Lage Ihres Unternehmens
Verlassen Sie sich dabei aber nicht allein auf die publizierten Geschäftszahlen; diese sind zu sehr an der Vergangenheit orientiert. Führen Sie zum Antritt Ihrer Tätigkeit (und später dann regelmäßig mehrmals pro Jahr) Gespräche mit den Gesellschaftern, Managementkollegen und Ihren Mitarbeitenden in Schlüsselpositionen, um deren Sicht der Dinge kennenzulernen und um sich über den Zustand diverser unternehmerischer Bereiche zu informieren.
3. Prüfen Sie das Stärken-Schwächen-Potenzial Ihres Unternehmens
Um die Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens zu identifizieren, können Sie es beispielsweise mit Ihrem Hauptkonkurrenten oder dem Branchenführer vergleichen. Auf diese Weise bekommen Sie nicht nur wertvolle Informationen über die aktuelle Position Ihres Unternehmens im Markt, sondern Sie können auch feststellen, wie es sich von Ihrem stärksten Konkurrenten unterscheidet. Dies wiederum verbessert Ihre Informationsgrundlage, die Sie für die Ableitung von Zielen, Strategien und Maßnahmen benötigen.
Die Analyse des Stärken-Schwächen-Potenzials Ihres Unternehmens liefert Ihnen Antworten auf die drei zentralen Fragen:
- Wo liegen unsere Stärken und Schwächen im Vergleich zum stärksten Konkurrenten?
- Wie lassen sich unsere Stärken ausbauen?
- Wie lassen sich unsere Schwächen beseitigen?
Ganz wichtig bei diesem Thema: Konzentrieren Sie sich auf die Stärken, anstatt zu versuchen, Defizite zu kompensieren – Letzteres dauert im Allgemeinen viel länger und ist bei weitem arbeitsintensiver. Setzen Sie an den Dingen an, die Ihre Organisation gut kann, und versuchen Sie, diese zu echten nutzbringenden Unterscheidungsmerkmalen auszubauen. Lediglich bei Leistungskategorien von besonderer Bedeutung für den zukünftigen Unternehmenserfolg sollten Sie versuchen, die Defizite zumindest auf ein mittleres Niveau anzuheben.
Gehen Sie bei Ihrer Analyse nach den folgenden fünf Phasen vor:
- Auswahl der Leistungskategorien
- Festlegung der Leistungskriterien
- Festlegung der Gewichtung und Skalierung
- Bewertung der Leistungskriterien
- Ableitung von Strategien und Maßnahmen
Möchten Sie diese fünf Phasen genauer beleuchten, dann empfehlen wir Ihnen einen Blick in die aktuell erschienene 4. Auflage unseres Buches Fit für die Geschäftsführung, in der wir das Vorgehen in jeder Phase detailliert beschreiben.
4. Ermitteln Sie die vielfältigen Erwartungen Ihrer Stakeholder
Als Stakeholder werden all jene Personen bzw. Gruppen bezeichnet, die von den Entscheidungen eines Unternehmens betroffen sind oder die die Entwicklung der Organisation beeinflussen können. Dazu zählen Anteilseigner, Mitarbeitende, Lieferanten, Kunden, der Staat, Nichtregierungsorganisationen und die Öffentlichkeit insgesamt. All diese Stakeholder stellen eine Reihe von Forderungen: Anteilseigner oder Shareholder haben Interesse an einer Wertsteigerung ihres Investments und erwarten bestimmte Mitspracherechte. Mitarbeitende sind an einer abwechslungsreichen Tätigkeit, Karriereperspektiven und einer angemessenen Vergütung interessiert. Kunden wünschen innovative Produkte von hoher Qualität zu günstigen Preisen. Der Fiskus erhebt Anspruch auf Steuern, Abgaben und Gebühren. Die Öffentlichkeit verlangt Umweltschutz und die Berücksichtigung des Allgemeinwohls.
Jedes Unternehmen steht im Spannungsfeld dieser Interessen. Ihre Aufgabe als Geschäftsführer ist es, zu ermöglichen, dass Ihre Unternehmensstrategie nicht nur den definierten Zielen dient, sondern auch die Wünsche Ihrer wichtigsten Stakeholder berücksichtigt. Denn ein Unternehmen ist nur dann langfristig überlebensfähig, wenn es die legitimen Ansprüche seiner Stakeholder befriedigt.
5. Hinterfragen Sie Ihre eigene Zielvereinbarung – Sie werden an ihr gemessen
Das Managen Ihrer eigenen Ziele umfasst im Wesentlichen drei Aufgaben:
- ausgehend von Oberzielen konkrete Unterziele formulieren und Meilensteine bestimmen
- Ziele strukturieren und Prioritäten setzen
- Ziele spezifizieren und messbar machen
Zunächst gilt es, zwischen den Vorgaben, die Ihre Position mit sich bringt, und den Zielen, die Sie sich selbst setzen, zu unterscheiden. Das eine ist die Pflicht, an deren Erfüllung Sie gemessen werden, das andere Ihre freiwillige Mehrleistung. Des Weiteren müssen Sie Ordnung in Ihre Ziele bringen, indem Sie die wesentlichen von den unwesentlichen trennen. Als Geschäftsführer werden Sie mit unzähligen Forderungen und Erwartungen bedacht. Seien es Aufsichtsratsmitglieder, Mitarbeiter, Kunden, Journalisten oder Politiker – jeder will irgendetwas von Ihnen. Wenn Sie nicht lernen, Prioritäten zu setzen und diese auch einzuhalten, werden Sie schnell den Boden unter den Füßen verlieren und im Chaos versinken.
Für die Fragen, wie eine konkrete Prioritätensetzung aussehen kann, wie viele Ziele reichen, welche Messkriterien Sie anlegen sollten und welche Aufgaben Sie wirklich selbst übernehmen müssen, möchten wir Ihnen ebenfalls unser Buch Fit für die Geschäftsführung ans Herz legen, in dem diese ausführlich beantwortet werden.
6. Gestalten Sie Ihr Arbeitsumfeld nach Ihren Wünschen
Die Gedanken an eine neue, hochwertige Büroeinrichtung oder die Annehmlichkeiten eines schicken Dienstwagens mögen Ihnen vielleicht bereits durch den Kopf gegangen sein. Das ist völlig legitim. Als Geschäftsführer werden Sie zahllose Stunden in Ihrem Büro oder auch im Auto verbringen.
Sie sollten jedoch die Verhältnismäßigkeit nicht aus den Augen verlieren.
Seien Sie sich dessen bewusst, dass Sie als neuer Geschäftsführer im Mittelpunkt des Interesses stehen und dass jede Ihrer Handlungen Signale aussendet, die – unter Umständen teilweise ganz entgegen Ihrer Intention – gedeutet werden. Im Zweifel gilt: Wasser zu predigen und Wein zu trinken, führt nicht weiter. Gestatten Sie sich – insbesondere am Anfang, bevor Sie Erfolge vorzuweisen haben – so wenig Luxus wie möglich und verzichten Sie auf Privilegien, wo immer es geht. Ihre Belegschaft wird es Ihnen durch bessere Gefolgschaft danken.
Diesen und anderen aktuellen Fragestellungen zur umfassenden Vorbereitung auf Ihre Tätigkeit als Geschäftsführer widmet sich in großer thematischer Breite unser Buch Fit für die Geschäftsführung – Aufgaben und Verantwortung souverän meistern, das aktuell in der 4. Auflage beim Campus Verlag erschienen ist. Ein unverzichtbarer Ratgeber sowie ein wertvolles Nachschlagewerk für Ihren Management-Alltag!
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und freuen uns über Ihr Feedback, Fragen oder Anregungen!
Ebenso empfehlen wir Ihnen unseren Intensivkurs Vom Kollegen zum Vorgesetzen aus unserer grow.up. Academy. Sie können diesen Kurs völlig unabhängig von Seminarterminen online absolvieren. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
https://academy.grow-up.de/produkt/basiskurs-vom-kollegen-zum-vorgesetzten/