„Why“ – ein kurzes, aber gleichzeitig so umfassendes Wort, dass es zum Lebensmotto einer ganzen Generation avanciert ist. Es ist der Inbegriff für das Mindset der sogenannten Generation Y (kurz für „Why“, zu Deutsch: „Warum“). Eine Generation, die sich besonders durch ihre hinterfragende Haltung gegenüber Dingen, Umständen und Personen auszeichnet und damit zu einer anspruchsvollen Generation hinsichtlich ihrer Erwartungen an den Arbeitsmarkt entwickelt hat. Dabei handelt es sich um junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zwischen 1980 und 1995 geboren wurden und bis 2020 circa die Hälfte des weltweiten Personals in Unternehmen ausmachen werden.
GenY – wer steckt dahinter?
Im Gegensatz zu älteren Generationen basiert die Arbeitsphilosophie der Ypsiloner weniger auf traditionellen Werten wie Anpassung und Sicherheit. Vielmehr dient der Job dem übergeordneten Ziel der persönlichen Zufriedenheit und soll Spaß machen. Die Vertreterinnen und Vertreter der Generation Y artikulieren selbstbewusst Ansprüche an eine flexible Gestaltung der Arbeitssituation, die eine Entfaltung der eigenen Persönlichkeit zulässt. Die Arbeit wird damit zum Instrument der Selbstverwirklichung.
Gemäß diesem Verständnis soll die berufliche Tätigkeit auch ein persönliches Wachstum ermöglichen, indem sowohl das innere Bedürfnis der Weiterentwicklung als auch der Wille, Dingen auf den Grund zu gehen und sie zu durchdingen, befriedigt werden kann. Eng damit verbunden ist ein weiterer charakteristischer Wert für die Generation Y: Individualität. Ihre Forderungen beruhen auf der Erfahrung, eine Auswahl treffen zu können, die die individuellen Erwartungen bestmöglich zufrieden stellt und eine flexible Anpassung an die persönlichen Bedürfnisse gewährleistet. Berufseinsteiger begeben sich somit auf die Suche nach Unternehmen, die „zu ihnen passen“ und sind erst bereit, volle Leistung zu erbringen, wenn sie in möglichst neigungsgerechten Aufgaben für sich einen Sinn erkennen. Zudem wünschen sie sich auch ohne einen langjährigen Erfahrungsschatz einen partnerschaftlichen und respektvollen Umgang auf Augenhöhe. Hierarchische Positionen haben deshalb auch weniger Bedeutung für die Generation Y. Der Wunsch nach Wertschätzung äußert sich besonders in einem starken Bedürfnis nach Feedback – dieses wird als wichtiger Baustein für die individuelle Weiterentwicklung verstanden und sollte dementsprechend konstruktiv und positiv bestärkend kommuniziert werden.
Entwicklungsplanung neu denken
Diese hohen Ansprüche junger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellen Personalverantwortliche vor verschiedenste neue Herausforderungen. Hierzu gehören auch die Fragen nach einer zur Generation Y passenden Förderung und Bindung. Angesichts der ohnehin relativ gering ausgeprägten Arbeitgeberloyalität innerhalb der Generation Y gilt es für Personalverantwortliche, das Augenmerk auf die attraktive Gestaltung interner Entwicklungspfade zu richten. Im Rahmen von Personalentwicklungsprozessen müssen dabei klassische Verfahren auf den Prüfstand gestellt werden. Starre Karrieremodelle sowie bewährte Potenzial-analyse-Tools, wie z. B. Assessment oder Development Center, die oft anhand harter geeignet/ungeeignet-Urteile über die persönlichen Fähigkeiten entscheiden, lösen bei GenY-Vertretern eher Frustration anstelle von Leistungsmotivation aus. Gefragt sind Instrumente und Konzepte der Nachwuchskräfteförderung, die an den individuellen Bedürfnissen der jungen Mitarbeitenden ausgerichtet sind und gleichzeitig Mitsprachemöglichkeiten sowie aktive Gestaltungsspielräume eröffnen. Gewünscht wird eine persönliche Entwicklungsplanung, die an den individuellen Kompetenzen und Karrierezielen der Mitarbeitenden ansetzt. Doch wie können diese Anforderungen praktisch umgesetzt werden?
Gemeinsam mit einer IT-Unternehmensberatung mit sehr vielen hochqualifizierten, jungen Mitarbeitenden haben wir einen Entwicklungsprozess etabliert, der die Werte und Ansprüche der jungen Mitarbeitenden in besonderer Weise berücksichtigt. Die nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick:
Berücksichtigung der Werte und Ansprüche junger Mitarbeitender
Die Grundlage der etablierten Nachwuchskräfteförderung bildet der Anspruch, den Mitarbeitenden des Unternehmens eine auf ihre Motivation und persönlichen Ziele ausgerichtete Karriereplanung und Entwicklung zu bieten. Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung des Mitgestaltungswillens junger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war ein Konstrukt fix vordefinierter Karrierepfade, für die Kandidaten strategisch ausgewählt werden, ausgeschlossen. Stattdessen wird den Teilnehmenden im Gesamtprozess viel Vertrauen und Verantwortung übertragen – ihnen wird die Freiheit und Selbstverantwortung gegeben, sich mit den im Unternehmen vorhandenen Zielpositionen und Rollen genauso intensiv auseinanderzusetzen wie mit ihren persönlichen Zielen und ihrer individuellen Motivation. Auf dieser Basis und vor dem Hintergrund der in den einzelnen Prozessschritten gewonnenen Erfahrungen sind sie gefordert, gemeinsam mit ihrer Führungskraft ihre berufliche Entwicklung aktiv mitzugestalten.
Dafür werden den Mitarbeitenden die unterschiedlichen positions- und rollenbezogenen Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen aufgezeigt. Sie werden im Prozess angeleitet zu hinterfragen: „Welche Zielposition passt eigentlich zu mir und meinen beruflichen Zielen?“ Die im Prozess integrierten Instrumente unterstützen sie dabei. Es gibt keine fremdbestimmte Vorauswahl, der Prozess steht allen Mitarbeitenden offen. Auf Basis einer umfassenden Information wird eine freiwillige Teilnahme aller Interessierten gewährleistet.
Um eine neigungsgerechte Zielposition zu finden, wird den Teilnehmenden im Prozess bewusst Raum gegeben, um ihre beruflichen Ziele und individuellen Interessen zu reflektieren. Da Motivationen oft diffus und nicht konkret verbalisierbar sind, haben wir zur Klärung der beruflichen Motivation und Interessen einen Persönlichkeitstest genutzt. Besprechbar werden sollen die Fragen: „Was brauche ich, um meine Leistungspotenziale zu entfaltenß Welche Anforderungen und Rahmenbedingungen machen mich langfristig zurfieden und leistungsbereit?“ Dafür eignet sich besonders das LUXXprofile, das derzeit am besten wissenschaftlich validierte Tool am Markt, das auf Basis von 16 zugrunde liegenden Lebensmotiven ein individuelles Motivationsprofil abbildet. Es ist im Gesamtprozess ein wichtiges Tool für die Entwicklungsplanung jedes einzelnen Mitarbeitenden und ermöglicht den Teilnehmenden, sich mit der eigenen Motivation und wichtigen Werten auseinanderzusetzen. Im Rahmen eines professionellen Auswertungsgesprächs können sie ihr Motivationsprofil reflektieren und in Bezug zu ihren persönlichen beruflichen Zielen setzen: „Welche Zielpositionen im Unternehmen befriedigen meine persönlichen Motive langfristig am besten?“ Diese intensive Phase der Selbstreflexion führt zum nächsten Prozessschritt, in dem sich jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter jeweils zwei Positionen des internen Karrieremodells auswählt, die sie/er anschließend in einer Management Exercise kennenlernen und ausprobieren möchte.
Die benannten Zielpositionen kennenzulernen, bietet den Teilnehmenden eine verbesserte Entscheidungsbasis. Ihre Vorstellungen zu den Zielpositionen basieren mehr oder weniger auf Fantasie oder Wunschvorstellungen. Die realen Anforderungen und Aufgaben haben sie noch nie erlebt. Das Ausprobieren der ausgewählten Zielpositionen bietet ein hohes Erlebnispotenzial und wird möglich, wenn ein simulatives Verfahren, wie z. B. eine Management Exercise bzw. ein Planspiel, in den Gesamtprozess integriert wird.
In diesem Rahmen können sich die Mitarbeitenden in wichtigen Kernaufgaben, die für ihre gewünschten Zielpositionen typisch sind, ausprobieren und sich in die mögliche, zukünftige Stelle und ihre Anforderungen „hineinfühlen“. In der umgesetzten Simulation agieren mehrere Teilnehmende als Projektteam in verschiedenen Phasen eines sich dynamisch entwickelnden Kundenprojekts. Um ein für die Teilnehmenden und eine Potenzialaussage gewinnbringendes und realistisches Szenario zu kreieren, wurden für verschiedene Planspiele die Szenarien entsprechend der von den Teilnehmenden gewählten Zielpositionen entwickelt und zu einem realistischen Handlungsstrang zusammengestellt.
Eine wichtige Komponente für die persönliche Weiterentwicklung ist für die Generation Y ein intensives Feedback. Deshalb schließt sich an die Motivations-analyse und die Management Exercise eine differenzierte Rückmeldung zum rollenbezogenen Verhalten der Teilnehmenden aus mehreren Perspektiven an. Diese umfasst idealerweise die Selbstreflexion und Einschätzung des Erlebten in der ausprobierten Zielposition, ein Kollegenfeedback, das Feedback von mitwirkenden Führungskräften und ein Beraterfeedback aus der Perspektive des neutralen Beobachters.
Wertschätzendes Feedback und die Achtung der Person heißt für Angehörige der Generation Y auch, dass nach Motivationsanalyse und dem Planspiel eine Würdigung und Auswertung der gewonnenen Eindrücke in einem ausführlichen Entwicklungs-gespräch und einer darauf aufbauenden individualisierten Entwicklungsplanung mit konkreten Schritten on- und off-the-job erfolgt. In die im Gesamtprozess integrierten Entwicklungsgespräche fließen die Selbstreflexion und Zielklärung der Teil-nehmenden aus allen Prozessphasen, das Feedback der den Prozess begleitenden Berater und das der Vorgesetzten aus dem Alltag ein. Alle Aspekte sind bedeutungsvoll für die Entwicklungsplanung und Förderung der Teilnehmenden in die von ihnen benannte Richtung. So erhalten alle Teilnehmenden eine ihren Bedarfen und beruflichen Zielen maximal entsprechende Förderung. Dabei haben wir noch nicht erlebt, dass Teilnehmende Ziele und Entwicklungswünsche benannt haben, die vom Unternehmen nicht mitgetragen werden konnten.
Fazit
Es ist möglich, ein Potenzialanalyseverfahren so zu gestalten, dass es auf Basis der Bedürfnisse der Generation Y eine erlebnisorientierte Standort-bestimmung mit einer dezidierten Entwicklungs-planung verbindet. Im Mittelpunkt stehen dabei Mitbestimmung, Individualität und Wertschätzung – d. h. Werte, die aus der Perspektive von jungen Mitarbeitenden eine erfüllende Tätigkeit aus-machen, zur persönlichen Zufriedenheit beitragen und somit die Mitarbeiterbindung erhöhen.
Für die innovative Gestatung der Entwicklungsplanung erreichte der Prozess bei den HR Excellence Awards 2015 den 3. Platz im Bereich Talentmanagement.
Wie tickt die Generation Y? Was sind ihre Werte, Wünsche und Ziele im Arbeitsleben?
Antworten darauf liefert Michael Lorenz in seinem Buch Generation Young.
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