„Home sweet home“, „My home is my castle“, „Home is where my heart is” – mindestens einen dieser Sprüche hat jeder von uns schon einmal gehört und ihm innerlich auch irgendwie zugestimmt. Unser Zuhause ist ein sicherer Ort, um sich zurückzuziehen, zu entspannen, Zeit mit seinen Lieben zu verbringen, sich wohlzufühlen, Ruhe zu genießen und zu arbeiten. Ja genau, Sie haben sich nicht verlesen, denn 39 Prozent der deutschen Unternehmen erlauben ihren Mitarbeitenden täglich, oder gelegentlich, von zu Hause aus, im Home-Office oder in „Heimarbeit“, zu arbeiten. Die Arbeit von zu Hause aus wird immer beliebter und mehr und mehr Arbeitnehmer nutzen die Möglichkeit, zumindest zeitweise, aus dem Home-Office zu arbeiten.
Die Fragen, die sich einige an diesem Punkt stellen werden, sind: Kann im Home-Office die gleiche Leistung erzielt werden, wie bei der Arbeit vor Ort – im Unternehmen? Kann die Produktivität in der Heimarbeit vielleicht sogar gesteigert werden? Genau diesen Fragen bezüglich der New Work wollen wir uns – zumindest in Ansätzen – widmen.
2015 führten Wissenschaftler der Stanford-University eine Studie zu den Auswirkungen der Arbeit im Home-Office, mit 500 Mitarbeitenden einer chinesischen Reiseagentur, durch. Nach der zweijährigen Studie gelangten sie zu dem Ergebnis, dass die Produktivität der Mitarbeitenden im Home-Office um ganze 13 Prozent stieg. Zudem fanden sie heraus, dass die Arbeitszufriedenheit der Heimarbeiter stark zunahm und ihre Fluktuationsrate deutlich sank.
Diese Ergebnisse sprechen enorm für die Arbeit von zu Hause aus. Dennoch wollen wir diese „New-Work-Form“ auch noch einmal etwas kritischer betrachten und herausarbeiten, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass Heimarbeit produktiv verlaufen kann – oder vielleicht doch nicht?
Produktivitätsfördernde Faktoren im Home-Office
Der wohl größte Vorteil der Arbeit von zu Hause aus besteht in der Flexibilität der Arbeitszeiten und in der damit einhergehenden Einteilung der Zeit. Da jeder Mensch einen anderen Biorhythmus und somit auch verschiedene produktive Zeiten hat, steigert dieser Aspekt durchaus die Leistungsfähigkeit des Einzelnen. So kommt es im Home-Office weniger zu „sozialen Jetlags“, Müdigkeit und Demotivation aufgrund früher Startzeiten. Der fehlende Arbeitsweg mit dem Auto, Bus oder Bahn begünstigt die Pünktlichkeit und Unbeschwertheit des Arbeitsbeginns zudem, da es auf dem Weg zum Schreibtisch nur selten zu Stau, Verspätungen oder Ausfällen kommt.
Home-Office kann auch zu einer erheblichen Stressreduktion beitragen, da der Druck, zu spät zu kommen oder unter ständiger Kontrolle des Chefs und der Kollegen zu sein, genommen wird. Ohne Stress zu arbeiten, steigert die Produktivität und die Leistungsfähigkeit enorm. In Ruhe und ohne Unterbrechungen durch Kollegen arbeiten zu können, fördert den „Workflow“. So kann man sich zu Hause gut mit schwierigen oder komplexen Aufgaben auseinandersetzen. Falls man doch einmal den Rat eines Kollegen oder eine Rückmeldung des Chefs benötigt, ist man auch im Home-Office dauerhaft per E-Mail, Telefon oder Skype vernetzt und kann bei Bedarf in Kontakt treten.
Neben hoher Konzentration ist es auch wichtig, erholsame Pausen zu gestalten, um leistungsstark arbeiten zu können. Das Zuhause wird mit Ruhe, Entspannung und Freizeit verbunden. Aufgrund dieser Verknüpfung ist es im Home-Office einfacher, in den Pausen abzuschalten und nicht schon gedanklich im nächsten To-do zu stecken.
Mit erholsamen Pausen geht auch noch ein anderer Faktor einher, der die Leistungsfähigkeit steigert – das Finden einer Balance zwischen dem Arbeitsalltag und einem Ausgleich durch Hobbys, soziale Kontakte oder Zeit für sich selbst. Die sogenannte Work-Life-Balance ist essentiell für die Zufriedenheit, den Geist und so auch für die Produktivität der Arbeitnehmer. Heimarbeit lässt diesen Ausgleich leichter realisieren und trägt dazu bei, ausgeglichener und belastbarer zu sein.
Ein weiterer Faktor, der die Produktivität am Arbeitsplatz steigert, ist die Abwesenheit negativer Gedanken oder Sorgen. Viele Arbeitnehmer haben keinen freien Kopf, da sie mit ihren Gedanken bei ihren pflegebedürftigen Angehörigen, den Kindern oder Haustieren sind, die betreut werden müssen. Mit Home-Office hat man die Möglichkeit, beides zu vereinen, dies nimmt Sorgen und schafft Raum für Konzentration.
Die Produktivität eines Unternehmens steht und fällt mit den passenden und speziell mit qualifizierten Mitarbeitenden. Die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, bietet vielen Organisationen einen Wettbewerbsvorteil im Recruiting neuer Talente. Einerseits wirkt der Arbeitgeber dadurch attraktiver und spricht die Bedürfnisse der jungen Zielgruppe an. Auf der anderen Seite haben Unternehmen so die Möglichkeit, Mitarbeitende der ganzen Welt zusammenzubringen, zu vernetzen und interdisziplinäre sowie internationale Teams aufzustellen.
Produktivitätshemmende Faktoren im Home-Office
Natürlich wollen wir auch nicht versäumen, die Kehrseite der Medaille zu betrachten. Produktivität am Arbeitsplatz wird durch das Klima am Arbeitsplatz und durch soziale Interaktionen mit Kollegen gefördert. Im Home-Office ist man die meiste Zeit alleine und hat keinen persönlichen Kontakt zu seinen Gleichgesinnten. Aus diesem Grund kann Heimarbeit dazu führen, dass Menschen im Home-Office vereinsamen. Dies hemmt die Produktivität und führt zu Missmut und auch zu Demotivation.
Der Austausch im Team findet nur virtuell statt und nimmt so mehr Zeit in Anspruch. Die langen Kommunikationswege unterbrechen den Workflow und können auch zu Missverständnissen führen, da Aussagen in E-Mails oder am Telefon falsch verstanden werden können. Dieser Aspekt der Heimarbeit wirkt sich negativ auf die Leistungsfähigkeit aus und verursacht Frust. Damit Skype und Co überhaupt funktionsfähig sind, muss das Home-Office auch die nötige technische Ausstattung aufweisen, oder der Arbeitgeber muss diese zur Verfügung stellen können, denn: IT-Probleme sind einer der Top-Faktoren, die produktives Arbeiten und die Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer hemmen.
Im Home-Office fehlt es auch häufig an Motivation und einer gewissen Selbstdisziplin, um seinen Aufgaben nachzugehen. Es braucht organisatorische Fähigkeiten und Strategien, sich selbst in den Arbeitsmodus zu bringen sowie die passende Arbeitsmoral, um zu Hause überhaupt arbeiten zu können. Dieses Talent hat nicht jeder und somit kann sich die Heimarbeit unter Umständen auch sehr unproduktiv gestalten.
Ein weiterer und nicht ganz unwesentlicher Aspekt, der die Produktivität im Home-Office hemmt, sind die Ablenkungen, die es zu Hause gibt. So schön es ist, zu Hause zu sein und gleichzeitig Kind und Haustiere hüten zu können, so sehr können diese einen auch ablenken. Der Hund möchte eine Runde gehen, das Kind schreit, weil es Hunger hat und der Postbote klingelt, um ein Paket abzugeben. All diese Unterbrechungen machen es schwer, sich zu 100 Prozent auf seine Aufgaben konzentrieren zu können. Der Reiz der Ablenkung kann im Home-Office noch zusätzlich durch die Möglichkeit, sich seiner heimischen Unterhaltungsmedien zu bedienen, verstärkt werden.
Zu beachten ist auch, dass das Privatleben und die Arbeit im Home-Office miteinander vermischt werden. Diese Vermischung führt dazu, dass der eigene Rückzugsort – das Zuhause – immer mit Arbeit und einer Art Leistungsdruck in Verbindung gebracht werden. Das ständige „erreichbar sein müssen“ verstärkt den Druck zusätzlich. Das alles kann dazu führen, dass man dauerhaft gestresst ist, mit Schlafstörungen zu kämpfen hat und dadurch die Leistungsfähigkeit gemindert wird.
Auch der Aspekt „Aus den Augen, aus dem Sinn“ ist im Rahmen des Home-Office nicht zu unterschätzen. Viele Arbeitnehmer motiviert die Tatsache, dass sie nach entsprechender Zeit oder mit entsprechend erbrachten Leistungen befördert werden können. Die Möglichkeit einer Beförderung spornt an und lässt die Leistungsfähigkeit steigen. Menschen, die im Home-Office arbeiten, werden dabei allerdings häufig übergangen oder sogar vergessen. Sie haben häufig das Problem, dass ihre Leistungen nicht gesehen und somit auch nicht wertgeschätzt werden.
Und, kann Home-Office die Produktivität nun steigern?
Wie bei so vielen Fragen im Leben kann man auch auf diese Frage nicht eindeutig mit „ja“ oder „nein“ antworten. Ob Sie durch Home-Office produktiver arbeiten oder nicht, hängt schlussendlich davon ab, was für ein Typ Sie sind.
Prinzipiell eignet sich die Arbeit von zu Hause aus immer dann, wenn man sich für bestimmte Aufgaben nicht allzu oft mit Kollegen abstimmen muss oder wenn man an schwierigen oder „kniffeligen“ Projekten, die viel Konzentration und Ruhe erfordern, arbeitet.
Wie kann Home-Office gut gelingen?
Damit Sie in Zukunft produktiv von zu Hause aus arbeiten können, sollten Sie sich folgende Tipps zu Herzen nehmen:
- Trennen Sie Arbeit und Privates: Arbeiten Sie möglichst nicht da, wo Sie Ihre Pause verbringen oder wo Sie schlafen. Versuchen Sie sich zu Hause eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, die der im Büro ähnelt. Verschaffen Sie sich Ungestörtheit und Ruhe.
- Gehen Sie nicht täglich ins Home-Office: Der persönliche Kontakt zu Kollegen ist wichtig. Arbeiten Sie nur ein paar Tage in der Woche von zu Hause aus und bleiben Sie im Kontakt.
- Planen Sie Ihre Tage im Home-Office: Kündigen Sie bei Ihren Kollegen an, dass Sie von zu Hause aus arbeiten und informieren Sie sie über Ihre Erreichbarkeit. Planen Sie zusätzlich, welche technischen Geräte und Unterlagen Sie mit nach Hause nehmen müssen.
- Planen Sie Ihre Pausen: Machen Sie sich vor Beginn Ihrer Heimarbeit einen Plan, wann Sie produktiv arbeiten und wann Sie Pause machen wollen. Versuchen Sie, sich an diese Zeiten zu halten, um den Arbeitsalltag möglichst genau zu simulieren und sich zu motivieren.
Taste it!
Weitere Tipps und Tricks, wie Sie zu Hause produktiver arbeiten, finden Sie in unseren Booklets aus der Reihe Führungswissen punktgenau:
Quellen:
- https://de.statista.com/infografik/16711/anteil-der-unternehmen-die-homeoffice-erlauben/
- https://nbloom.people.stanford.edu/sites/g/files/sbiybj4746/f/wfh.pdf
Diesen Beitrag hat Pauline Kraft während ihres Praktikums bei grow.up. verfasst.