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… dann ist es gut, die richtigen Ansatzpunkte und Maßnahmen zu wählen, anstatt viel Geld und Energie wirkungslos verpuffen zu lassen.

Zu dem, wie das geht, ein paar grundlegende Überlegungen:

Menschen tun die Dinge, die sie tun und auf die Art und Weise wie sie sie tun, um für sich selbst einen positiven inneren Zustand zu erreichen. Wir handeln, um unsere Motive zu befriedigen. Der Lohn, den wir uns selber damit verschaffen, besteht in der Ausschüttung körpereigener Drogen, die uns in einen positiven emotionalen Zustand versetzen. Wir sprechen hier von „emotionaler Bezahlung“. Dieser Prozess ist reine Biologie und inzwischen durch die Neurowissenschaft ausreichend gut belegt. (Prof. Michael Gazzaniga (Hirnforscher), Prof. Phillip Roth (Hirnforscher)).

Die Motive, die dies bewirken, sind im Limbischen System lokalisiert und zu einem großen Teil genetisch bedingt (fragen Sie Eltern, die drei Kinder haben: 1 Familie, gleiche Erziehung und doch von Anfang an ganz unterschiedliche Menschen oder Persönlichkeiten).

In unseren Motiven und deren Befriedigung liegt der jeweilige Verhaltensgrund, der uns aktiv werden lässt. Sie sind der Auslöser dafür, dass wir eine Leistung erbringen. Dabei ist es ganz gleich, ob es sich dabei um das harte Training bis zur Weltmeisterschaft, das strikte Herstellen einer bestimmten Ordnung, die Arbeit an einer neuen Idee, der Einsatz für Verbundenheit und Gemeinsamkeit im Team oder, oder, oder handelt. All diese Leistungen können motivgetrieben sein.

Während Motive genetisch und relativ lebenszeitstabil sind, ist unser Verhalten erlernt. Es ist erziehungs-, bildungs-, gesellschafts- und kulturanhängig. Der Mensch wird ein Verhalten für sich wählen und festigen, bei dem er Spaß hat und damit das Handeln an sich keine psychische Energie erfordert und stattdessen zu einer emotionalen Belohnung – es geht mir gut – führt. Stellen wir fest, dass ein Verhalten dies nicht mehr leistet, können wir ein neues lernen, uns weiterentwickeln.

Unsere Motive beschreiben auf einer sehr tiefen Ebene unsere Persönlichkeit, sie ist begründet in der Biologie unseres Gehirns. Verhalten und Wissen beschreiben unsere Kompetenzen und Fähigkeiten. Sie sind gelernt und veränderbar.

Hinsichtlich der Motive gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen Frauen und Männern (Kemper, C.J. & Greif, S. (2017), Das LUXXprofile – Manual, Universität Luxembourg) auch nicht zwischen unterschiedlichen Kulturen. Im gelernten Verhalten gibt es das sehr wohl.  Dies mag darin begründet sein, dass sich unser Gehirn seit mindestens 5.000 Jahren nicht verändert hat, unser Verhalten sehr wohl.

Das heißt: weibliche wie männliche, junge wie ältere Mitarbeitende verfügen genauso wie Mitarbeitende aus anderen Kulturkreisen über eine grundsätzlich gleiche Motivationsstruktur. Ihre individuelle Motivationsstruktur erklärt ihre Leistungsfreude, ihre Langeweile, ihre Begeisterung, ihre psychische Belastung, ihre Zufriedenheit und ihren Frust, ihre Bindung an das Unternehmen und ihre Leistungsbereitschaft. Mit dem LUXXprofile können diese Motive – die 16 Lebensmotive – erfasst werden. Kennen wir die Motive unserer Mitarbeitenden können wir Unternehmens- und Arbeitswelten motivierend gestalten.

Aus dem Wissen um die menschliche Motivation können wir wichtige und handlungsleitende Erkenntnisse gewinnen: Im modernen Arbeitsleben verhalten sich Menschen zwar anders als vor 30 Jahren, sie finden andere Arbeitsräume und Bedingungen gut, sie verfügen über viel mehr Wissen, aber ihre grundlegende Motivation hat sich in den letzten 30Jahren genauso wenig verändert wie ihr Gehirn.

Das ist der Schlüssel für mehr Bindung und Leistungsfreude: Wir brauchen kein neues Mindset. Wir müssen nur schauen, was die zentralen Motivationen unserer Mitarbeitenden sind und deren Befriedigung in modernen Arbeitswelten mit dem heute als richtig empfundenen Verhalten zu beantworten.

Und wie kann das gehen?:

Antwort Nr. 1: Jeder Mitarbeitende macht eine individuelle Motivationsanalyse, bekommt eine individuelle Auswertung und bespricht hinterher mit seiner Führungskraft, welche Aufgaben, Kommunikationsformen, Arbeitskonstellationen und Rahmenbedingungen für ihn richtig und motivierend sind. Wir sollten ihm emotionale Bezahlung statt psychisches „Ausgepowert-Sein“ bieten. Alles was im Rahmen der unternehmerischen Möglichkeiten möglich ist, wird umgesetzt und vom Mitarbeiter mit hoher Leistungsfreude beantwortet.

Das ist zwar der Königsweg, realistisch gesehen für große Unternehmen aber kaum zu realisieren.

Also Antwort Nr. 2: Sie machen ein Mitarbeiter-Motivations-Screening. Jeder beantwortet den Motivationsfragbogen des LUXXprofile anonym und bekommt kein persönliches Ergebnis. Die Auswertung erfolgt über alle Mitarbeitenden oder über einzeln definierte Gruppen, wenn deren Anzahl größer als 50 Teilnehmer ist, um belastbare Ergebnisse zu bekommen.

Ein Motivations-Screening erlaubt Unternehmen herauszufinden, wie viele Mitarbeitende gleiche emotionale Leistungsgrundlagen, also Motive teilen. Als Unternehmer ist es dann ein Leichtes, hinsichtlich der Motive, die von vielen Mitarbeitenden in meinem Unternehmen geteilt werden, Angebote, und Arbeits- bzw. Rahmenbedingungen entsprechend zu gestalten. Zumindest in diesen Motiven werden Sie von den Mitarbeitenden mit mehr Zufriedenheit, Loyalität zum Unternehmen und Leistungsbereitschaft belohnt.

Konkrete Beispiele machen das Vorgehen anschaulicher und wahrscheinlich fragen Sie sich hinterher, warum Sie dieses Vorgehen noch nicht gewählt haben und immer noch hoffen, Incentives würden Ihre Mitarbeitenden binden.

Beispiel Nr. 1: 108 OP-Pfleger*innen in einer Unfallchirurgischen Klinik

Das Motivations-Screening verdeutlichte sehr eindeutig, worin die aktuellen sehr hohen Fehlzeiten und die hohe Fluktuation begründet waren. Zum anderen zeigte es klar auf, was zur Verbesserung der Situation dringend getan werden musste:

Die Abbildung ist eine Zusammenfassung der von 75% der Mitarbeitenden geteilten Motivausprägungen in den Motiven NEUGIER (blaue Ausprägung), EINFLUSS (blaue Ausprägung) und STRUKTUR (rote Ausprägung). Eine Erklärung der Motive finden Sie am Ende dieses Beitrags.

Die Motivausprägungen machen eindrücklich deutlich, dass diese Mitarbeitenden eine hohe Leistungsbereitschaft entfalten, wenn sie:

  • vorhandenes Wissen in routinierten Abläufen anwenden können,
  • sehr praktisch mit Patienten arbeiten können,
  • Prozesse und Führungskräfte haben, die ihnen klare Entscheidungsvorgaben bieten und
  • wenn sie ihr Berufs- und Privatleben zeitlich klar strukturieren und planen können.

Das ist ja eigentlich gar nicht so schwer herzustellen, leider sah der berufliche Alltag der Mitarbeitenden zum Zeitpunkt des Motivations-Screenings ganz anders aus:

Andauernder Personalmangel führt zu laufenden Änderungen der Dienstpläne, der OP-Belegung und der Teamzusammensetzungen. Die Folge: Keine Planbarkeit, keine Routine und keine Entscheidungsklarheit mehr für die Pflegekräfte, Prozesse funktionieren nicht mehr. Demotivation und psychische Anstrengung nehmen zu. Die Folgen: Noch mehr Krankmeldungen und Mitarbeiterfluktuation, wodurch die Situation weiter verschärft wird. Der Negativ-Kreislauf ist perfekt – bis nichts mehr geht.

Die Lösung für mehr Mitarbeiterzufriedenheit, weniger psychische Belastung, geringeren Krankenstand und Fluktuation liegt auf der Hand und ist kein Zauberwerk.

Beispiel Nr. 2: 80 Mitarbeitende einer IT Beratung

Die IT Beratung bietet ihren Kunden zwei Leistungsfelder: zum einen tatsächliche Beratungsprojekte und komplexe Neuentwicklungen, zum anderen aber auch die Entleihung von Mitarbeitenden in zum Teil sehr langjährige Kundenprojekte mit viel Routinearbeit.

Die Abbildung verdeutlicht, dass der überwiegende Teil der Mitarbeitenden dann maximale Leistungs- und Einsatzbereitschaft zeigt, wenn:

  • in Projekten viel neues Wissen gewonnen werden kann und intellektuell kreativ agiert werden muss,
  • ein Projekt frei von einschränkenden Normen und Vorschriften ausprobiert und pragmatische Lösungswege ohne regelbasierte Einschränkungen generiert werden können und
  • die Projekte und Aufgaben mit Chancen für die Lösung aber gleichzeitig mit Herausforderungen und Risiken, die zu bewältigen sind, verbunden sind.

Man könnte auch sagen, hier haben sich echte IT-Abenteurer versammelt. Die passen nur nicht in langjährige Projekte bei konservativen, regelbasierten und wenig veränderungsbereiten Unternehmen. Und genau das ist die motivatorische Herausforderung für das betroffene Unternehmen, wenn die Mitarbeitenden langfristig gebunden werden sollen.

Auch in diesem Beispiel können konkrete Lösungen aus den Daten abgeleitet werden:

  • Projekteinsätze nicht länger als 2-3 Jahre bei einem Kunden
  • Freiraum für die Arbeit in internen Forschungsprojekten
  • Individuelle motivationsbasierte Entwicklungsplanung für die Mitarbeitenden
  • Freiraum für interne Weiterbildungsaufgaben für Kollegen
  • Großzügige Investition in Aus- und Weiterbildung

Beispiel Nr. 3: 110 Mitarbeitende in einem weltanschaulichen Unternehmen

Bei diesem Unternehmen möchte ich auf vier Motive eingehen, die wiederum in hohem Umfang von vielen Mitarbeitenden in der Ausprägung geteilt werden:

Für die ersten beiden Motive können wir festhalten, dass sich die Mitarbeitenden ein zu ihrer Motivation passendes Unternehmen ausgesucht haben. Die Mitarbeitenden arbeiten in Entwicklungshilfeprojekten in der ganzen Welt, zum Teil unter sehr schwierigen regionalen und politischen Bedingungen. Damit werden die Motive SOZIALES ENGAGEMENT (Entwicklungshilfe) und SICHERHEIT (herausfordernde und risikoreiche Einsatzorte) quasi automatisch gut bedient. Handlungsbedarf ergibt sich für das Unternehmen dann, wenn Mitarbeitende ihre Auslandeinsätze beenden und nach Deutschland zurückkommen. Welche Aufgaben können sie übernehmen, um einer drohenden Langeweile in einem sehr sicheren Umfeld zu entgehen. Ihr Wunsch nach Herausforderungen und spannenden Aufgaben wird mit ihrer Rückkehr nicht enden.

Eine große Anzahl Mitarbeitender strebt nach Aufgaben, in denen sie einen Beitrag für eine fairere und gerechtere Welt leisten können. Ein ebenso großer Anteil der Mitarbeitenden will chancenorientiert arbeiten und scheut dabei auch ein größeres persönliches Risiko nicht, vielmehr wollen sie Spannungen und Herausforderungen in ihren täglichen Aufgaben bewältigen.

Zwei weitere Motive, in denen die Mitarbeitenden eine sehr ähnliche Motivation oder Emotionalität teilen, sind die Motive AUTONOMIE (blaue Ausprägung) und REVANCHE (blaue Ausprägung).

Neben den oben beschriebenen Motiven machen diese Motive deutlich, dass die Mitarbeitenden dann maximale Leistungsfreude und Bindung zeigen, wenn Sie in einem Umfeld agieren können, in dem das Miteinander durch eine starke zwischenmenschliche Verbundenheit und Konfliktfreiheit gekennzeichnet ist.

Bei den skizzierten Aufgaben und Einsatzfeldern der Mitarbeitenden erfordern diese beiden Motive aktive Unterstützung vom Unternehmen:

  • Wie ist die Situation vor Ort?
  • Wer ist im Team, wie funktioniert die Zusammenarbeit und wie kann sie aktiv gefördert werden?
  • Wie kann bei Konflikten unterstützt werden?
  • Wie kann die Verbundenheit mit den Ansprechpartnern und Betreuern in Deutschland aufrechterhalten werden?

Drei ganz unterschiedliche Unternehmen, ganz unterschiedliche Fragestellungen und Situationen und immer sehr konkrete und direkt nutzbare Antworten aus dem Motivations-Screening. Mit diesen Ergebnissen müssen Sie nicht mehr darüber nachdenken, welche Incentives die Motivation und Bindung ihrer Mitarbeitenden erhalten. Solche Maßnahmen wirken nur situativ und kurzfristig. Finden die Mitarbeitenden keinen Sinn in ihren Aufgaben und in den Rahmenbedingungen, verzichten sie gerne auf Incentives und wechseln zu dem Arbeitgeber, der verspricht, mit Aufgaben, Führung und Arbeitsbedingungen ihre Motive zu bedienen.


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