Jede Generation hat ihre eigenen Werte. Jede Generation ist anders als die vorherige und vor allem anders als die nachfolgende Generation – und insgeheim findet sich jede Generation am besten. Geprägt durch Zeitgeist und historische Ereignisse entstehen generationenspezifische Wertesysteme, die die Menschen dieser Zeit gemeinsam haben und auch ins Arbeitsleben einbringen, was dort zur Herausforderung für Führungskräfte werden kann.
Aktuell befinden sich vier verschiedene Generationen im Arbeitsleben und sorgen für Wertevielfalt am Arbeitsplatz. Zwei davon wollen wir genauer anschauen und kurz beschreiben:
- Die Wertevorstellungen der Wirtschaftswundergeneration (Geburtsjahr-gänge 1946-1955), derzeit die älteste Generation im aktiven Arbeitsleben, sind in der Regel geprägt von Treue und Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber und stehen für eine hohe Arbeitsmoral.
- Ganz anders ausgerichtet sind die Wertevorstellungen der derzeit jüngsten Generation, der Generation Y (Geburtsjahrgänge ab ca. 1982). Sie sind deutlich weniger loyal und legen viel Wert auf Individualität und die eigene Unabhängigkeit.
Während die Wirtschaftswunder-Generation durch die boomenden Aufbaujahre nach dem Krieg geprägt wurde, stehen Internetzeitalter und Globalisierung Pate für die Wertevorstellungen der Jüngeren. Ein Überfluss an möglichen Lebensformen und beruflichen Optionen erfordert es nicht, sich festzulegen.
Solche Beschreibungen sind immer pauschal, und es gilt nach wie vor: Man muss genau hinschauen, ehe man sich ein Urteil über eine Person bildet.
Festzustellen ist jedoch, dass der Unterschied zwischen Generation Y und vorhergehenden Generationen von vielen Menschen sehr deutlich wahrgenommen wird und ein verstärktes Bewusstsein für die Unterschiede von Generationen geschaffen hat, insbesondere im Unternehmenskontext. Unabhängig davon, ob die Generation Y tatsächlich so anders ist, ist dies jedoch eine erfolgsversprechende Erkenntnis. Denn so können die unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Generationen auch besser verstanden und sinnvoll genutzt werden, aber auch neue und variierte Konzepte in der Arbeitswelt entstehen, um den geänderten Bedürfnissen gerecht zu werden.
Was heißt das nun für das Thema „Führung“? Muss Führung neu erfunden werden, um dem Generationen-Mix und den Anforderungen der jüngsten Arbeitsgeneration gerecht zu werden? Nein, muss sie nicht. Allerdings sollte sich die Führungsarbeit stärker an den einzelnen Lebensphasen der MitarbeiterInnen orientieren.
In dieser Beitragsreihe finden Sie Gedanken zu diesem wichtigen Thema, das wir mit unseren Kunden zurzeit intensiv diskutieren. Dabei stehen drei Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Führungsarbeit in altersgemischten Teams im Fokus:
- Der gezielte Aufbau von mehr Toleranz
- Lebensphasenorientiertes Führen
- Die Stärkung des Teamgedankens
Der gezielte Aufbau von mehr Toleranz
Wie tolerant sind Sie selbst gegenüber den verschiedenen Generationen und ihren Wertesystemen? Besonders in der Rolle als Führungskraft sollten Sie sich zunächst Ihrer eigenen Haltung bewusst werden. Auch Sie gehören einer Generation an und sind von deren spezifischen Wertevorstellungen beeinflusst, die wiederum Ihre eigene Führungsarbeit prägen. Die Erkenntnis der eigenen „Beengtheit“ ist die Voraussetzung, um Brücken zu den (Werte-) Inseln zu schlagen, die andere Generationen bewohnen. Ziel ist, mit mehr Gelassenheit Situationen und die in ihnen handelnden Menschen zu betrachten sowie verschiedene Blickwinkel einnehmen und akzeptieren zu können. Was nicht heißt, dass Sie Ihr Handeln automatisch danach ausrichten. Eines aber ist klar: Beim Thema „Toleranz“ ist mehr denn je die Vorbildfunktion der Führungskraft gefragt.
Wie können Sie gezielt mehr Toleranz im Team aufbauen?
Schritt I: Intoleranz ist häufig das Ergebnis von „Schubladendenken“ und mangelnder Information. Manchmal fällt die Kategorisierung von Situationen und Personen in ein Schwarz-Weiß-Schema zudem viel leichter als ein differenziertes Betrachten und Bewerten. Im ersten Schritt geht es mit Blick auf das Team darum, dass die Mitarbeiter mehr Informationen über die im Team vertretenen Generationen erhalten. Erst dann ist die Grundlage für eine differenzierte Betrachtung und Bewertung des Verhaltens und Meinungen anderer Teammitglieder gelegt.
Schritt II: Im zweiten Schritt müssen den Teammitgliedern die eigenen Vorurteile und „Schubladen“ bewusst werden. Das kann für den einen oder anderen schwierig und vielleicht auch schmerzhaft sein, denn in der Regel haben wir unsere Gewohnheiten (dazu zählen auch Bewertungsmuster) sehr gern. Und wer mag schon hören, dass man von den eigenen Vorurteilen gesteuert wird?
Haben Sie schon mal einen Aborigine getroffen? Wahrscheinlich nicht. Dennoch haben Sie vermutlich Bilder und Informationen über Aborigines im Kopf, die durch Berichte, Reportagen usw. geprägt sind. Wenn Sie nun auf einen träfen, würden ihre bereits bestehenden Bilder und Wertungen Ihr Verhalten beeinflussen. Sie wären vermutlich voreingenommen und würden nach der Bestätigung Ihrer Bilder suchen.
Übertragen auf Ihr altersgemischtes Team bedeutet das, dass den einzelnen Teammitgliedern bewusst werden muss, dass das Bild von einer Person häufig nicht auf eigenen Erfahrungen beruht, sondern auf Gehörtem und Bildern, die mit dieser Generation pauschal in Verbindung gebracht werden. Erst dann können Vorurteile ins Wanken gebracht und schrittweise abgebaut werden.
Der dritte Schritt ist der aktive Dialog zwischen den Teammitgliedern oder auch zwischen mehreren Teams. Hilfreich sind dabei durchaus klassische Führungsinstrumente wie Zielvereinbarungen, neue Aufgabenprofile, Lerntandems etc., die dazu führen, dass die Menschen enger miteinander arbeiten müssen und die Bildung neuer Gruppierungen begünstigt wird. Durch das gemeinsame Erleben sollen Möglichkeiten für den Einzelnen geschaffen werden, sich ein eigenes, auf konkreten Erfahrungen basierendes Urteil zu bilden. Idealerweise findet das Ganze als professionell gestalteter und begleiteter Teamentwicklungsprozess statt.
Im zweiten Teil dieses Beitrags widmen wir uns lebensphasenorientierter Führung und der Frage, wie Sie als Führungskraft positiven Einfluss auf den Teamgedanken nehmen können.